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Das Geheimnis des "Two Rein" - Die Philosophie hinter der Praxis - Teil 1 von Gwynn Turnbull Weaver
Eines späten Nachmittags lehnte ich am Zaun eines verwitterten Corrals, im schmalen Schatten stehend, den die Strebe eines Gatters warf. Die Tageshitze verflüchtigte sich in die dünne Nevada-Wüstenluft. Gerade wenn der Schweiß getrocknet sein würde, würde ich einen Mantel benötigen. Ich spülte den Staub mit dem Rest eines Bieres meine Kehle hinunter und setzte mich um zuzusehen, wie die Mannschaft die letzte einer Truckladung Kühe arbeitete. Diverse der Buckaroos experimentierten und probierten mit ihren Jungpferden im Snaffle Bit. Was mich jedoch aufmerksam werden ließ war nicht die Arbeit mit den Jungpferden aber zwei Cowboys in einem entfernteren Pen. Sie ritten ihre Pferde im "Two Rein", eine alte Tradition pflegend, die aus Logik und Sensibilität geboren wurde. Es war eine Freude ihnen dabei zuzusehen, wie sie fachmännisch ihre Pferd zum nächsten Trainingslevel führten. Was für eine Schande, dachte ich, dass diese feine Trainingsweise so selten geworden ist.
Der Prozeß Der "Two Rein" - Prozeß ist eine Praxis, die entwickelt wurde um die Lücke zwischen Hackamore - und Bridle - Stadium zu überbrücken. Sowohl Great Basin Buckaroos als auch die traditionellen California Horsemen der alten Schule erhalten ihn am Leben. Sie haben durch Versuch und Irrtum herausgefunden, daß sie die effizienteste und vollständigste Methode ist, um die Trainingsleiter emporzusteigen. Es wird hierbei ein kleines, unter dem Kopfstück liegendes Bosal mit einer größenmäßig passenden Mecate (ausgesprochen "McCarty") benutzt, das gleichzeitig mit Kopfstück und Bit benutzt wird. Die Idee ist einfach und logisch. In den ersten Stadien des Two Rein Prozesses benutzt der Horsemans die Mecate dazu, anzufragen und das Pferd in den verschiedenen Manövern zu führen. Das Bit liegt nurmehr im Pferdemaul während das Pferd das Gefühl kennenlernt, lernt, es aufzunehmen und zu tragen, sich damit langsam wohl zu fühlen. Mit der Zeit wird er beim Abfragen derselben Manöver nach und nach die Gebißzügel mit einsetzen, sie gleichzeitig aber mit dem Pferd bekannteren Mecate und Bosal unterstützen. In der Folge wird das Pferd die Manöver mit beiden Signalen verbinden und schlussendlich nur noch eines benötigen, das des Bridles. Obwohl beide Buckaroos, die ich beobachtete, ihre Pferde im "Two Rein" ritten, benutzten beide ihre Ausrüstung unterschiedlich. Eins der Pferde hatte gerade erst Bekanntschaft mit dem "Two Rein" gemacht, dies war erst sein dritter Ritt hiermit. Der Cowboy hatte die Handvoll Zügel so justiert, daß er beim Aufnehmen der Zügel zuerst mit der Mecate Kontakt zum Pferdekopf bekam, während die Bridlezügel balanciert durchhingen. Der andere Horseman war kurz davor, sein Pferd "ins Bridle" zu überführen. Die Mecate hing locker da die Mehrheit der Signale direkt die Bridlezügel hinunter zum Bit führte. Die Mecate wurde nur gelegentlich aufgenommen wenn ein Signal vom Pferd nicht bemerkt wurde oder es verwirrt war. Die Buckaroos arbeiteten mit ihren Händen an den beiden Zügelpaaren ruhig und überlegt. Kleine Bewegungen, fragend und vorschlagend, während andere Bewegungen die vorigen unterstützten und das Signal verdeutlichten. Es ist sehr ähnlich dem Prozeß, den eine Englisch sprechende Person durchmacht, die eine fremde Sprache lernt. Ein englisches Wort wird gesprochen und dann das fremde Wort dazu präsentiert. Zunächst müssen beide Worte recht häufig zusammen wiederholt werden. Nach und nach wird das fremde Wort erlernt und benutzt. Der "Two Rein" Prozeß, bei dem das Pferd vom Hackamore Pferd zum fertigen Bridle Horse wird, unterscheidet sich davon nicht. Ich entspannte mich im Schatten und staunte über diesen Vorgang. Der Übergang von der Hackamore zum Bridle könnte so klar wie die frische Nevadaluft sein wenn wir uns nur die Zeit nähmen, den Prozeß der „zwei Zügel" zu lernen und ihn anzuwenden. Zu verstehen wie seine Funktion konzipiert ist zerstreut einiges an Verwirrung. Es ist kein schwieriger Prozess, erfordert aber Zeit und Anstrengung beim Lernen, Nachdenken und Übung bei der Durchführung. Wie immer ist Wissen Macht. Indem man Energie in das Verständnis der involvierten Elemente steckt wird die Praxis lebendig.
Die Hackamore: Das Bosal Die traditionellen Rohhaut-Hackamore und -Bosal sind sich in Design und Funktion, abgesehen von Größe, Gewicht und Flexibilität, ähnlich. Die Hackamore wird alleine verwendet, ist von größerem Durchmesser und generell fester, aber nicht steif. Das Bosal ist deutlich kleiner und wird zusammen mit dem Bridle (Kopfstück und Bit) benutzt, wobei es diskret unter dem Kopfstück liegt. Es sollte dabei die potentiellen Signale des Bits nicht behindern. Zu wissen wie das "Two Rein" zu nutzen ist ist nicht weniger herausfordernd als zu verstehen zu welchem Zeitpunkt es anzuwenden ist. Ein Pferd sollte weich und beständig in der Hackamore reagieren bevor auf den nächsten Level vorrückt. Probleme, die in der Hackamore existieren, werden nicht auf wundersame Weise im "Two Rein" verschwinden. Es gibt Momente, in denen der Bridle Horseman einen Schritt zurück ins "Two Rein" machen wird um nachzuarbeiten, was er als verpaßte Informationen bezeichnen würde. Der "Two Rein" Horseman sollte auch einen Schritt zurück in die Hackamore machen wenn Lücken im Wissen des Pferdes deutlich werden. Einen Schritt zurück auf der Trainingsleiter zu machen ist nicht schändlich. Oft hilft der nächste Trainingslevel dabei, Probleme zu enthüllen und zu auszumachen, die vorher unbemerkt blieben. Alle Dinge, die ein Defizit aufdecken, sollten willkommen sein, denn sie bieten dem guten Horseman die Gelegenheit, an einem Problem zu arbeiten und so am Ende ein solideres, "fertiges" Pferd zu erhalten.
Etwas Wissen Die "Two Rein Ausrüstung" beinhaltet die Auswahl eines passenden Bits. Die "Two Rein" Bits sind oft etwas kleiner oder leichter in ihrer Aufmachung, mit feinerem Seitenteil und sonstigem Design. Obwohl einige Horsemen einfach ein Standart-Bridle Bit benutzten empfehlen andere ein feineres, balanciertes Bit, das hilft, das Pferdemaul während der Dauer des Lernprozesses sensibel zu halten. Ein "loose jawed" Bit, dessen Verbindung von Stange zum Seitenteil relativ lose ist, ist das Bevorzugte da manche glauben, daß ein Pferd sich darauf weniger wahrscheinlich fest machen würde. Ein feines Spade, San Joaquin oder Half Breed mit hohem Kupferanteil werden üblicherweise benutzt um Speichelbildung zu fördern. Ein Pferdemaul sollte feucht bleiben, damit das Bit angenehm und frei in der Bewegung ist. Es sollte umsichtig vorgegangen werden um ein Bit zu finden, das jedes einzelne Pferd mag, speziell am Beginn des Prozesses. Die alten Cowboys fanden, ein Pferd sollte die Rolle im Bit jedes Mal betätigen, nachdem der Horseman die Zügel aufgenommen und wieder losgelassen hatte, und dabei das Maul geschlossen halten. Sie behaupteten, daß ein Pferd, das auf diese Weise reagiert, sein Bit mag. Die erste Erfahrung eines Pferdes mit dem Bridle Bit sollte eine positive sein, der Horseman sollte Komfort und Balance anstreben.
Die Praxis Obwohl der Prozeß einfach und logisch zu verstehen ist, ist es eine andere Sache, ihn korrekt auszuführen. Hier liegt die Verwirrung und das Mysterium des "Two Rein". Bridlezügel und Mecate sind ständig in einem Zustand des Fließens. Der erfahrene "Two Rein" Reiter weiß, wann und wie was anzufragen ist. Alle vier "Zügel" werden in einer Hand gehalten, ihre Länge, wenn nötig, justiert. Der Faktor, der entscheidet welche Signale gesendet und wie sie unterstützt werden, kann kompliziert sein. Es gibt Momente, in denen ein Signal mit den Bridlezügeln initiiert und, wenn nicht beachtet, mit der Mecate unterstützt wird, während in anderen Momenten das Signal mit der Mecate initiiert und sofort mit den Bridlezügeln unterstützt wird. Die momentane Aufgabe, die dafür erforderliche Geschwindigkeit, der Trainingslevel des Pferdes und die angefragten Manöver beeinflussen die Entscheidungen, die der Horseman treffen muss. Einen guten Reiter dabei zu beobachten, wie er korrekt im "Two Rein" arbeitet, ist wie einem Meisterflötisten zuzusehen, der seine Finger über die Klappen seines Instrumentes flattern läßt. Hunderte kleinster Justierungen werden vorgenommen.
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Carlo´s Trainings Stable
inspiriert durch Jean-Claude Dysli
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